In Städten und Dörfern gibt es oft etliche Quadratmeter an öffentlichen Flächen, die versiegelt sind oder mit Rasen und exotischen Pflanzen keinen Nutzen für die Tierwelt bieten. Dabei können selbst kleine Bereiche wie Verkehrskreisel, Fußgängerinseln oder Baumscheiben einfach naturnah mit heimischem Grün bepflanzt werden. Dann sind sie im Nu eine Oase für Schmetterlinge, Wildbienen und viele andere Lebewesen. Wenn genügend solcher Grünflächen im Abstand von maximal 150 Metern angelegt werden, tragen sie als so genannte „Trittsteinbiotope“ zur biologischen Vielfalt bei. Denn beispielsweise Wildbienen können im Gegensatz zu Honigbienen nur kurze Strecken zum Sammeln von Nektar und Pollen zurücklegen.
Naturnahe Stadtflächen helfen auch bei der Klimaanpassung: Sie speichern Wasser bei Starkregen, liefern Verdunstungskühle in heißen Sommern und filtern Feinstaub. Und nicht zuletzt sind die heimischen Wildpflanzen mit ihren hübschen Blüten und Blattformen lebendige Farbtupfer im Straßenbild und eine wohltuende Abwechslung – nach dem Motto „Blumen statt Beton“.
Für jeden Standort gibt es geeignete heimische Wildpflanzen. Entsprechend ihren Lebensräumen in der Natur haben wir Pflanzenteams zusammengestellt, die gut mit den jeweiligen Bedingungen wie Boden, Licht und Niederschlag zurechtkommen.
Besonders auf Flächen mit genügend Platz, z.B. Parks oder Friedhöfe, bieten zusätzliche Elemente wie Holz, Mauern und Steinhaufen Nistplätze und Unterschlupf für viele Tierarten. Nachfolgend stellen wir Beispiele vor, wie städtische Flächen naturnah angelegt oder umgestaltet werden können. Bei den verlinkten Lebensräumen finden Sie jeweils Listen der passenden heimischen Wildpflanzen.
Verkehrsinseln, Kreisel und Straßenbegleitgrün an sonnigen oder halbschattigen Standorten können besonders gut als pflegeleichte Magerstandorte angelegt werden. Dazu wird nach dem Bau einer Straße oder eines Kreisels Schotter bzw. Kies statt „Mutterboden” aufgetragen. Darauf kommt eine Schicht von zwei bis drei Zentimetern gütegesicherter Kompost. Nun können hitzeresistente Wildstauden und -Sträucher gepflanzt oder größere Flächen eingesät werden. Gut geeignet sind die Wildstauden aus unseren Teams Sonnenanbeter und Hitzehelden.
Gerade die mageren, sonnigen Standorte sind aus unserer Landschaft fast vollständig verschwunden. Mit dieser Gestaltung und passender Bepflanzung bietet man vielen Tieren und Pflanzen, die auf dem Land heimatlos geworden sind, einen Lebensraum. Weiterer Vorteil: Auf nährstoffarmen Substraten können sich unerwünschte Beikräuter kaum ausbreiten. Das erleichtert die Pflege der Flächen.
Auf öffentlichen Grünflächen fehlen oft blühende heimische Pflanzen. Es gibt nur Rasen und die Sträucher werden so stark beschnitten, dass sie keine Blüten und Früchte bilden können. Dabei könnte es auch vielfältig und lebendig zugehen. Gerade Böschungen und Randstreifen können mit Saumeinsaaten zu Naturerlebnis-Inseln werden. Eine geeignete Bepflanzung für Böschungen und Randstreifen ist die Blumenwiese, oder wo es höher wachsen darf auch die Wildblumenhecke. Je nach Nährstoffgehalt des Bodens wird die passende Saatgutmischung mit heimischen Wildpflanzen ausgewählt. Solche Flächen dienen als Trittsteinbiotope für viele Insekten und verbessern durch ihren Strukturreichtum und die höhere Verdunstungsfläche das Kleinklima. Sie erhitzen sich nicht so schnell wie Rasen und überstehen auch längere Hitzeperioden.
Wichtig ist die richtige Pflege: Eine Wildblumenwiese wird ungefähr sechs Wochen nach der Aussaat zum ersten Mal geschnitten, das ist der „Schröpfschnitt“. Faustregel: Dann schneiden, wenn der Boden von oben betrachtet nicht mehr zu sehen ist. Dadurch werden unerwünschte, schnellwüchsige einjährige Pflanzen wie Melden und Gänsedisteln beseitigt, deren Schatten und Wurzeln das Wachstum der kleinen Wildpflanzenkeimlinge stört. Danach wird in diesem Jahr möglichst noch einige Male gemäht. So bilden die Jungpflanzen kräftige Triebe.
Ab dem zweiten Jahr wird das erste Mal gemäht, wenn die Margeriten anfangen zu verblühen, das zweite Mal, wenn der Aufwuchs wieder überkniehoch ist. Falls das schon im Sommer der Fall ist, gibt es vor dem Winter noch einen dritten Schnitt. Wiesen gehen kurz in den Winter. Das Mahdgut wird auf der Fläche getrocknet und gewendet und erst nach dem Trocknen abgeräumt. Damit die Wiesenbewohner nicht heimatlos werden, beim Schnitt – der sogenannten Mosaikmahd – immer einige Stellen stehen lassen, die erst beim nächsten Mal wieder gemäht werden.
Bäume in der Stadt müssen extreme Standortbedingungen aushalten: Bodenverdichtung, höhere Tag- und Nachttemperaturen, höhere Sonneneinstrahlung, Streusalz und ungenügende Wasserversorgung. Werden Flächen für Bäume entsiegelt, sollte darauf geachtet werden, den verdichteten Untergrund zu entfernen und mit einem speziellen Baumsubstrat aufzufüllen. Es gibt zahlreiche heimische Baumarten, die an trockene und heiße Standorte angepasst sind und somit als „Klimabäume“ auch unserer Tierwelt dienen können: Flaum-Eiche, Feld-Ahorn, Hain-Buche, Felsen-Kirsche, Elsbeere, Mehlbeere und viele mehr. Auch Großsträucher wie Weißdorn oder die Kornelkirsche, die zu kleinkronigen Bäumen gezogen wurden, sind ein guter Ersatz für Kugelrobinie & Co.
Bäume brauchen Säume statt der üblichen nicht heimischen Bodendecker oder Kurzrasen. Ein dichter Rasenfilz kommt immer zuerst an Wasser und Nährstoffe. Die Baumwurzeln darunter gehen leer aus. Außerdem leiden die Bäume unter den Verletzungen, die Rasenmäher und Freischneider verursachen. Mit einem gesäten oder gepflanzten Saum im Wurzelbereich können Baumwurzeln aufatmen und sich Mensch und Tier an bunten Blüten erfreuen. Unter Bäumen ist es im Sommer oft sehr trocken. Daher sollten für diese Flächen spezielle Arten ausgewählt werden. Schattige Standorte können mit Wildstauden wie Akelei, Große Sternmiere, Nesselblättrige Glockenblume oder Kriech-Günsel bepflanzt werden.
Versiegelte Wege und Plätze bieten keinen Lebensraum und lassen Wasser nicht versickern. Doch auch aus befestigten Wegen können schöne und lebendige Flächen werden. Dazu werden sie entsiegelt und versickerungsoffen mit Pflaster oder als wassergebundene Wegedecke gestaltet. Die Fugen von Pflastersteinen bzw. Rasengittersteinen werden mit trittfesten Wildkräutern eingesät oder die Fläche komplett als Blumenschotterrasen angelegt.
Auch ein naturnaher Weg wird fachgerecht aufgebaut: Der Untergrund und die Tragschichten aus Schotter oder Kies werden im korrekten Gefälle verdichtet. Die Deckschicht, also Platten, Pflaster oder wassergebundener Schotter kommen als letzte Schicht obendrauf. Je schwerer die Fahrzeuge sind, die den Weg nutzen, desto dicker muss der Weg oder Platz aufgebaut werden. Verwendet wird allerdings nur Schotter, der auch Feinanteile, den so genannten „0-Anteil“ enthält.
So kann das Wasser in Trockenperioden von unten nach oben aufsteigen. Die oberste Schicht, sei es die Fugen des Pflasters oder die Deckschicht der wassergebunden Wegedecke, werden dann mit den einheimischen Wildpflanzen der Trockenstandorte eingesät. Als Saatbett wird der obersten Schicht etwas beikrautfreier Grünkompost beigemischt.
Parks und Friedhöfe mit ihren großen Flächen bieten die Möglichkeit, viele verschiedene Lebensräume für heimische Wildpflanzen und damit auch Tiere anzulegen. Flächen, die nicht betreten werden sollen, können zur Wildblumenwiese umgewandelt werden. Sie wird nur zwei- bis dreimal im Jahr gemäht. In Parks bietet sich die Aussaat von Blumenkräuterrasen an. Er kann wie ein Rasen genutzt werden, muss aber nur etwa sechsmal im Jahr gemäht werden. Es ist auch möglich, nur Teilflächen kurz zu halten, also Wege oder Plätze „hinein zu mähen“. Die restlichen Flächen entwickeln sich dann zur Blumenwiese weiter.
An etwas abgelegeneren Stellen bieten Steinhaufen und Lebensraumholz vielen Tieren Unterschlupf und Nahrung. Auch Wildstrauchhecken sind wichtige Biotopelemente in der Stadt. Wenn die Sträucher in der passenden Größe gepflanzt werden, benötigen sie kaum Pflege. Muss doch mal etwas zurückgeschnitten werden, können die Äste vor Ort als Totholzhecke verwendet werden. Kleine oder größere Wasserflächen sind Ruheoasen für Menschen und sie ziehen Tiere – von der Libelle bis zum Spatz – zum Trinken und Baden an. Die an feuchte oder wechselfeuchte Böden angepassten Wildpflanzen bieten spezialisierten Insekten reiche Nahrung: wie der Blutweiderich dem Faulbaum-Bläuling.
Gerade wenn es nur wenig Platz für Begrünung gibt, ist für viele Tiere der dichte grüne „Pelz” von Wänden und Zäunen als Nist- und Nahrungsraum attraktiv. Sie können an allen Standorten begrünt werden, so lange in der Nähe der Flächen bepflanzbarer Boden ist. Besonders gut eignen sich fensterlose Wände und Industriezäune. Begrünte Fassaden haben zudem den Vorteil, ihre Umgebung an heißen Tagen zu kühlen. Außerdem trägt eine grüne Umgebung nachweislich zu Stressabbau und besserer Atemluft bei.
Für Pflanzen, die ohne Rankhilfe als „Selbstklimmer“ Wände hochwachsen, muss das Mauerwerk ohne Risse sein. Die oberste Spitze der Pflanzen wächst nämlich immer vom Licht weg, also gerne in eine Fuge oder in einen Riss hinein. Für die Pflanzen, die sich windend über Ranken oder mit Dornen festhalten, müssen spezielle Rankhilfen an den Wänden befestigt werden. Zäune und Sichtschutzwände sind oft als Rankhilfen geeignet. Der Untergrund muss ausreichend tragfähig sein.
Auch ein begrüntes Dach sorgt für mehr Lebensqualität: Im Sommer wird es darunter nicht so heiß, Feinstaub wird gebunden, Lärm und elektromagnetische Strahlung abgeschirmt. Alle nicht zu steil geneigten Dächer können begrünt werden, wenn die Konstruktion darunter die zusätzliche Last tragen kann und das Dach wasserdicht und wurzelfest abgedeckt ist. Gründächer haben eine wichtige Funktion im Rahmen der „Schwammstadt“: Bei Starkregen nehmen sie große Mengen Wasser auf, geben es verzögert wieder ab und helfen somit, Überschwemmungen zu vermeiden.
Begrünte Dächer sind oft sehr große, ungestörte, magere und sonnige Standorte. Sie ziehen viele flugfähige Tiere an, die solche Standorte lieben: vom Schmetterling bis zu seltenen Vogelarten.
Mit zunehmendem Starkregen und längeren Hitzewellen wird es immer wichtiger, Regenwasser vor Ort zu versickern. Dann füllt es die Grundwasserspeicher und steht den Pflanzen in Trockenzeiten zur Verfügung. Die Verdunstungskälte der Pflanzen kühlt unsere Städte an heißen Tagen. Sumpfgräben und Rückhaltemulden lassen sich hervorragend als Oberflächenentwässerung bestehender versiegelter Flächen (z.B. in Grünstreifen zwischen Parkplätzen) oder an Fallrohren von Dachentwässerungen anlegen. Der Platzbedarf richtet sich nach der zu entwässernden Fläche.
Für eine Retentionsmulde gilt als grober Richtwert: pro 100 m² Dachfläche sollte ein Rückhaltevolumen von 5 -7 m³ je nach regionaler Niederschlagsmenge und Versickerungsfähigkeit des Bodens vorhanden sein. Dann kann bei Starkregen genug Wasser aufgenommen werden. Versickerungsmulden werden am besten mit eher flachen Ufern gestaltet. Wenn es vor Ort zulässig ist, sollte eine mineralische Vegetationstragschicht aufgebracht werden, mit oberflächlich eingearbeitetem gütegesicherten Grünkompost.
Diese wird mit einer Saatgutmischung für wechselfeuchte Standorte angesät und eventuell auch mit Initialstauden bepflanzt.
Diese Infos können Sie hier downloaden.
Noch mehr interessante Informationen für die naturnahe Gestaltung und zu unseren Pflanzen und unserem Saatgut finden Sie unter www.tausende-gaerten.de: Kurzportraits der Wildstauden aus sechs Pflanzen-Teams, die komplette Staudenteams-Artenliste und Pflanzpläne. Dort gibt es auch Anleitungen zum Anlegen weiterer Lebensräume mit praktischen Videos.
Heimische Wildpflanzen und Tiere sind an ihre Standorte angepasst, Flora und Fauna sind nicht überall gleich. Achten Sie daher bitte darauf, möglichst Wildpflanzen aus dem Herkunftsbereich zu kaufen, in dem Ihre Fläche liegt (Nord, Ost, Süd oder West). Die vier Herkunftsbereiche, kooperierende Gärtnereien und Gartenmärkte mit unserem Sortiment finden Sie auf unserer Website in der Grünen Landkarte. Im Bereich Pflanzen sind außerdem Online-Shops mit unseren Wildpflanzen gelistet.
„Tausende Gärten – Tausende Arten“ wird durchgeführt von:
Kooperationspartner:
Gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch die Berliner Sparkasse und den Eigenheimerverband Deutschland e.V.
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