Im naturnahen Garten wird manch wildes Kraut und manche Wildfrucht für die Küche geerntet. Trotzdem steht hier das Naturerlebnis, die „Ernte“ von biologischer Vielfalt im Vordergrund. Die folgenden Pflegehinweise beziehen sich auf den naturnahen Ziergarten und nicht auf den Biogarten, der Gemüse und Obst liefert. Im Naturgarten wird versucht, die Artenvielfalt auch durch Pflege zu fördern und nicht wieder zu schädigen.
Für viele ist jede unbekannte Pflanze ein „Unkraut“. Aber ein echtes “Unkraut” – in der Naturgärtnerei spricht man vom Beikraut – ist eine Pflanze, die die geplante Funktion der geplanten Pflanzfläche beeinträchtigt. So zum Beispiel die Ackerwinde, die frisch gepflanztes Gehölz überwuchern würde, so dass es eingeht. Oder die gelb blühende Färberkamille vom Nachbarbeet, die sich in das blau-rosa blühendes Magerbeet ausgesät hat.
In naturnahen Gärten ist Veränderung erwünscht und wird gefördert. Pflanzen dürfen wachsen, blühen und sich aussäen. Spontan auftauchende Pflanzen werden erst gejätet, wenn man erkennen kann, welche es sind. Dann kann unter Umständen entschieden werden, dass sie nicht in das Beetkonzept passen.
Anstatt alle unbekannten Pflanzen zu jäten ist es also wichtiger, die Bewohner des Gartens kennenzulernen und dann jedes Mal neu zu entscheiden, ob sie bleiben dürfen oder nicht.
„Invasive Neophyten“ sind Gartenpflanzen aus anderen Kontinenten, die sich auch außerhalb der Gärten ohne die Hilfe des Menschen vermehren und große Flächen überwuchern. Damit verdrängen sie die einheimischen Wildpflanzen, die dort früher wuchsen und damit alle Tiere, die von diesen Pflanzen lebten. Ein Neophyt wird nur dann als „invasiv“ bezeichnet, wenn er die biologische Vielfalt schädigt. Der geringere ökologische Wert der Neophyten besteht darin, dass sie nur von wenigen heimischen Tierarten genutzt und gefressen werden. Er ist auch einer der Gründe, warum sie sich so erfolgreich vermehren können.
Beobachtungen zeigen: Weil in naturnahen Gärten eine neu zugewanderte Pflanze erst einmal wachsen darf, können invasive Neophyten, die in der Nähe vorkommen, hier leicht einwandern. Deshalb ist es wichtig, dass Naturgärtnerinnen und -gärtner invasive Neophyten erkennen und durch konsequentes Jäten eine weitere Ausbreitung unterbinden.
Ausführliche Informationen über invasive Neophyten in Deutschland finden sich beispielsweise im „Neophyten-Handbuch“ des Naturgarten e. V.
Jeder Schnitt ist eine Verletzung, die verheilen kann, die aber auch, wenn sie nicht verheilt, zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Gehölzes werden kann.
Auf naturnahen Flächen planen Naturgärtnerinnen und -gärtner Gehölze so, dass sie maximal die gewünschte Größe erreichen. Dann muss nur noch geschnitten werden, wenn doch einmal ein Zweig dahin wächst, wo er stört oder wenn Sträucher verjüngt werden sollen.
Verjüngen verhindert die Vergreisung und verlängert die Lebensdauer vieler Sträucher. Meist werden die Sträucher dann „auf den Stock gesetzt“, also ca. 30 Zentimeter über dem Boden zurückgeschnitten. Manchmal schneiden Naturgärtnerinnen und -gärtner aber auch absichtlich pflanzenschädigend, um einen wertvollen Lebensraum zu schaffen, zum Beispiel bei der Pflege einer Kopfweide. Viele Tiere leben hier im Mulm des vermodernden Hauptstamms.
Blumenkräuterrasen, die blumenbunte Alternative zum gedüngten und gewässerten Intensivrasen, werden viel weniger geschnitten, nämlich vier bis sechs Mal im Jahr, je nach Bedarf an kurzrasigen Flächen und Blühinseln. Meist lässt man den Blumenkräuterrasen zu Beginn des Jahres etwas länger wachsen, um Schlüsselblumen und Margeriten genießen zu können, zumindest auf Teilflächen. Dieser erste Schnitt erfolgt also mit Sichel, Sense oder Freischneider. Später reicht dann meist der hochgestellte Rasenmäher, für Blumeninseln müssen dann wieder die Geräte ran, die mit hohem Bewuchs fertig werden.
Blumenwiesen werden nur zwei bis drei Mal im Jahr geschnitten. Hier ist es wichtig, ganz klassisch Heu zu machen: Das Mahdgut wird auf der Fläche getrocknet, gewendet und dann abgeräumt. Beim Mähen sollten „Überlebensinseln“ stehen gelassen werden, die erst beim nächsten Mal wieder mit einbezogen werden.
Säume werden noch seltener gemäht, nämlich nur jeweils die Hälfte einmal im Jahr. So bleiben genug „Puppenstuben“ stehen, wo Schmetterlinge und andere Insekten aus ihren Puppen kriechen können. Magerrasen werden meist durch Benutzung gepflegt. Wenn die Pflanzen auf ihnen dann doch einmal zu hoch werden, kann man sie mit der Sichel herunter schneiden.
Moos wächst nur dort, wo Gräser und Stauden aufgrund der Standortbedingungen schlecht wachsen. Das ist oft an schattigen Stellen im Rasen der Fall, vor allem im Winter.
Moos schadet dem Rasen nicht, es ist nur ein Zeichen dafür, dass die Rasenpflanzen schlechte Bedingungen haben. Im Sommer verschwindet das Moos meist von selbst.
Moos ist ein hochinteressanter Lebensraum, in dem viele Urtierchen wie Pantoffeltierchen, Rädertierchen oder Bärtierchen leben. Naturgärtner legen Moosgärten gerne an Stellen an, wo „sonst nichts wächst“ – was aber nicht so einfach und eher die höhere Schule des Naturgärtnerns is. Moos hat keine Wurzeln und wächst nur dort, wo es wirklich nicht überwuchert wird. Außerdem lieben Vögel Moos als Nestbaumaterial und arrangieren die Moospolster immer wieder anders. Über einen Moosgarten, der von selbst entsteht, kann man sich also nur freuen.
Laub ist ein wichtiges Material und ein Lebensraum, der unbedingt im Naturgarten belassen werden sollte. Auf dem Rasen sollte es allerdings über den Winter nicht liegen bleiben und den Teich würde es zu stark düngen.
Laub auf dem Rasen wird beim letzten Rasenmähen klein gehäckselt oder zusammengefegt und unter die Sträucher und Bäume geschüttet – zusammen mit dem Laub von den Wegen oder aus dem Laubschutznetz des Teiches.
Abgestorbene Staudenstängel sind ebenfalls ein wichtiger Lebensraum für viele Tiere. In Staudenbeeten sollten so viele Stängel wie möglich stehen gelassen werden.
Ein Grund für den Verlust der biologischen Vielfalt ist die Anreicherung unserer Umwelt mit Nährstoffen. Das fördert die Gräser, die wiederum die blühenden Kräuter verdrängen.
Je magerer der Standort, desto blütenreicher ist er. Aus diesem Grund wird im naturnahen Garten nicht gedüngt. Nur bei der Bepflanzung von Magerstandorten bekommen die Pflanzen etwas Startdüngung aus gütegesichertem Grünkompost.
Trockenzeiten sind Stresszeiten für Pflanzen. Auf den meisten Flächen leiden vor allem die Gräser. Wildkräuter werden gefördert. Nach einem Trockenjahr gibt es also mehr bunte Wildblumen.
Man weiß nicht, was der Klimawandel noch bringt, aber vorerst sind die Trockenzeiten nicht so schlimm, dass im naturnahen Garten gewässert werden müsste.
Ein Sonderfall sind austrocknende Teiche und Sumpfbeete sowie frisch angelegte und noch nicht eingewachsene Pflanzungen. Diese müssen im ersten Jahr nach einer Frühjahrspflanzung auf jeden Fall gewässert werden.
Ein eingewachsener Naturgarten verfügt über ein vielfältiges Nahrungsnetz, in dem jede Tierart von einer anderen gefressen wird und so keine überhand nehmen kann. Blattläuse sind das Futter der Marienkäferlarven und Florfliegenlarven und ernähren viele Vogelküken.
Jede Raupe oder jeder Pilz hat seine speziellen Parasiten, die Massenvermehrungen verhindern. Probleme machen nur solche Bewohner, die wie die invasiven Neophyten von weit her kommen und deshalb keine oder kaum Nutzer haben. Dazu gehören beispielsweise der Buchsbaumzünsler oder die Kastanienminiermotte. Aber auch viele Pilzerkrankungen wie das Ulmensterben, das Eschentriebsterben oder Mehltauarten wie zum Beispiel der Stachelbeermehltau.
Naturgärtnerinnen und -gärtner verzichten lieber auf die eine oder andere Pflanze, bevor sie giftige Stoffe einsetzen, die immer mehr Lebewesen töten als nur die Zielarten. Gegebenenfalls werden biologische Pflanzenbehandlungsmittel eingesetzt. Brennesselsud beispielsweise hilft gegen ein Zuviel an Blattläusen. Bei starkem Mehltaubefall kann eine Brühe aus Knoblauch und Rainfarn auf die befallenen Blätter gesprüht werden. (Buchtipp: "Naturgarten für Anfänger" von Heike Boomgaarden, Bärbel Oftring, Werner Ollig, Eugen Ulmer Verlag)
Naturgärten sind Systeme, die jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr anders aussehen. Wer einen Naturgarten pflegt, lenkt die Entwicklung der Pflanzungen mit leichter Hand in die Richtung, die den Menschen und der Natur dient.
Pflanzen, die schwache und geliebte Arten verdrängen, werden reduziert. Oft sind das Gräser, die in Staudenbereiche einwachsen. Pflanzen, die sich ausgesät haben und für den Standort zu groß werden würden, werden herausgenommen. Wiesen, Rasen und Säume werden gemäht. Alle zehn bis zwanzig Jahre werden Hecken abschnittsweise auf den Stock gesetzt. Störende Zweige werden stammnah abgeschnitten.
„Tausende Gärten – Tausende Arten“ wird durchgeführt von:
Kooperationspartner:
Gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie durch die Berlin Immo Invest Gruppe, die Berliner Sparkasse und den Eigenheimerverband Deutschland e.V.
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