Lebendige Lernorte: Gärten des Monats Juni & Juli
Juni 2025: Alberts Garten, Hameln

Wie bringt man Jugendliche dazu, Artenvielfalt spannend zu finden? Am wirkungsvollsten dort, wo sie ohnehin einen Großteil ihrer Zeit verbringen: in der Schule. Seit 2018 verwandelt die Garten‑AG des Albert‑Einstein‑Gymnasiums zwei Kleingartenparzellen in der Kolonie „Abendfrieden“ in ein Freiluft‑Klassenzimmer.
Vor dem Gartentor duftet feuchte Erde, begleitet vom würzigen Aroma der Kräuterspirale. Zwischen den Kartoffelreihen blitzt bereits das frische Grün der Tomatenstauden. Über dem Sandarium lassen sich Wildbienen beim Ein- und Ausfliegen beobachten; am Rand der beiden Teiche schwimmen Libellenlarven, während Grasfrösche kurz an die Oberfläche kommen. Die Garten‑AG misst Bodenfeuchte, zieht Jungpflanzen vor und dokumentiert ihre Beobachtungen auf – praktischer Biologieunterricht, der unter freiem Himmel stattfindet.
Das Besondere: Gemüseanbau und Naturschutz sind keine Konkurrenten, sondern Komplizen. Beim ersten Biss in die eigene Tomate hören die Schüler*innen das beständige Summen der Insekten – begreifen, dass beides zusammengehört. „A garden is not a place, it ’s a journey“ – ihr Motto trägt. Auf Instagram dokumentieren sie Erfolge und Rückschläge, feiern Erntefeste und teilen Artenfunde: @einstein4vielfalt.
Juli 2025: Ingrids Naturparadies, Passau

Früher stand ringsum eine blickdichte Thujahecke; heute rauscht an ihrer Stelle Schlehen‑ und Rosenblüten im Wind. Seit zehn Jahren formt Ingrid den Familiengarten – 850 m² – in dritter Generation um. Langsam, aber stetig: Ein Jahr lang nur Sträucher nachpflanzen, im nächsten die Wiese ausmagern, später Steinriegel aufschichten.
Morgens liegt Tau auf Wiesensalbei und Brandkraut, eine Blindschleiche wärmt sich zwischen Efeublättern, während das ferne Rufen eines Grünspechts die Stille zerschneidet. Wer aufmerksam ist, entdeckt die Schlingnatter am Kompostrand. Ein Wiesenhügel in der Entstehung deutet an, dass hier alles im Werden bleibt. Gegossen wird fast ausschließlich mit Regenwasser; im Gemüsegarten regiert die Permakultur.
Ingrid führt ein schlichtes Notizbuch: Datum, Wetter, beobachtete Arten, kleine Skizzen. Jedes Jahr braucht nur einen neuen Eintrag, um zu zeigen, wie Vielfalt wächst, wenn man ihr Raum gibt – und selbst bereit ist, die eigene Rolle von „Gestalterin“ zu „Gastgeberin“ zu wandeln.
